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Bauen 4.0: So setzen Bauunternehmen BIM in Infrastrukturprojekten erfolgreich um

Einführung von BIM-Prinzipien am Beispiel der Firmengruppe Max Bögl

Viele Bauunternehmen sehen sich angesichts der für 2020 vom BMVI angekündigten Vergabepraxis für infrastrukturelle Großprojekte in einer Zwickmühle. Einerseits möchten Sie an den Ausschreibungen teilnehmen und von der Anwendung von BIM-Prinzipien profitieren, andererseits gibt es derzeit keine Vorschriften, die das Bauen nach BIM verbindlich beschreiben.  Einzige interpretierbare Grundlage sind die Forderungen der Reformkommission Bau von Großprojekten und die Zwischenberichte aus den Pilotprojekten. Ziel der laufenden Pilotprojekte ist die Entwicklung von Modell- und Vergabestandards, die von der Planen Bauen 4.0 GmbH initiiert werden. Wann diese Standards definiert und gesetzlich verabschiedet werden, ist allerdings noch völlig offen.

Wie können sich Bauunternehmen auf BIM vorbereiten?

Bernhard Linßen, Verkaufsleiter bei SITECH Deutschland, wurde letztens vom einem mittelständischen Bauunternehmer gefragt, ob SITECH oder Trimble eine Anleitung für die Umsetzung von Bauprojekten nach BIM zur Verfügung stellen können. Diese Anekdote beschreibt recht gut den derzeitigen (Un)-Kenntnisstand in der Baubranche und die die verneinende Antwort gleichzeitig die bestehende Unsicherheit zum Thema BIM.

Wie aber agieren Unternehmen, um die Voraussetzungen zur Teilnahme an Ausschreibungen nach BIM-Prinzipen zu erfüllen, ohne dass es verbindliche Standards gibt?

Die Grundvoraussetzung, so Dr. Ing. Marcus Schreyer von der Unternehmensgruppe Max Bögl, ist die unternehmerische Entscheidung des Managements, neue Verfahren, Produkte und Prozesse der Digitalisierung aktiv anzugehen und zu erschließen, obwohl in den meisten Fällen konkrete Einspar- und Verbesserungspotentiale nicht schlüssig vorausberechnet werden können.  Unternehmen, die die künftigen Anforderungen der Digitalisierung bewältigen wollen müssen heute bereit sein, Arbeitszeit der Mitarbeiter und Geld zu investieren, um Kenntnisse und über neue Prozesse und damit verbundene Chancen und Risiken zu gewinnen.

Beim Thema Bauen 4.0 hat Max Bögl die Vernetzung mit anderen Baubeteiligten und der öffentlichen Hand gesucht und sich frühzeitig auf Plattformen wie des Bauindustrieverbands und buildingSMART e.V. engagiert. Ziel ist es, Erfahrungen mit den neuen Prozessen, Vertragsformen und Softwareprodukten zu sammeln und die eigene Organisation und das Management auf die neuen Herausforderungen einzustellen. Die Bereitschaft folgt der Erkenntnis, das Unternehmen erfolgreicher nach den neuen Standards arbeiten, wenn sie sich frühzeitig mit den neuen Entwicklungen befassen oder gar Einfluss auf die Entwicklung der neuen Standards nehmen. Unternehmen, für die diese Techniken völliges Neuland sind, werden nach dem Modell der Lernkurve das Nachsehen haben.

Weit bevor in Deutschland die ersten BIM-Pilotprojekte vom BMVI initiiert wurden, machte Max Bögl erste praktische Erfahrungen mit der Anwendung von BIM-Managementprinzipien im Ausland. Beim Bau der U-Bahn in Amsterdam in offener Tunnelbauweise erprobte Bögl die projektübergreifende offene Zusammenarbeit unter einer Vielzahl von projektbeteiligten Firmen und unter Überwindung der Einzelinteressen. Offene BIM-Gesamtmodelle wurden zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht eingesetzt. Dennoch wurden durch das Projekt Erkenntnisse zu den typischen Prozessen wie Materialfluss, Materialketten, Kapazitätsberechnungen und Transporten auf einer Tiefbau-Großbaustelle gewonnen. Darüber hinaus konnte Software im täglichen Arbeitsprozess getestet und bewertet werden.

Aktueller Stand der BIM-Umsetzung: Pilotprojekt Filstalbrücke

Max Bögl setzt aktuell ein BIM-Pilotprojekt des BMVI als Generalunternehmer für die DB Projektgesellschaft um. Bei dem anspruchsvollen Bau der Filstalbrücke im Rahmen des Neubaus der Bahnverbindung zwischen Stuttgart und Ulm wurde aufgrund der Komplexität des Bauwerks bereits in der Planung ein präzises 3D-Modell der Brückengeometrie erstellt.

BIM-Pilotprojekt: Eisenbahnbrücke Filstal

  • Bauwerk: Zwei Einspurbrücken mit beidseitigem Tunnelanschluss
  • Bauweise: Brückenüberbauten in Vorschubtechnik
  • Länge: 485 bzw. 472 m
  • Höhe: 85 m
  • Teillose: 5

Der Schwerpunkt der BIM-Anwendung im Projekt liegt in der Ausführungsphase. Die Herausforderung besteht in der großen Zahl der Projektbeteiligten und den sich daraus ergebenden hohen Anforderungen an die Koordination und Detaillierungstiefe beim Einsatz der BIM-Werkzeuge. Die modellbasierte Vorgehensweise soll die Koordination und Dokumentation effizienter gestalten und letztlich die gesamte Projektabwicklung optimieren.

Hierzu wurden insgesamt 10 Fachmodelle für die einzelnen Teillose von den Auftragnehmern erstellt, zur Ableitung von Plänen genutzt und untereinander zu einem Gesamtmodell vernetzt. Um die Zeichnungen auch über das Gesamtmodell z.B. von Mobilgeräten aufrufen zu können, wurden die Zeichnungen über eine entsprechende Codierung mit dem Modell vernetzt. Hierfür wurde gemeinsam mit der Deutschen Bahn AG schließlich eine Schnittstelle für den Datenaustausch zwischen der Dokumenten Management Plattform EPLASS der Deutschen Bahn und dem BIM Modell hergestellt.

Den 3D-Planungsmodellen wurde als vierte Dimension die Terminplanung hinzugefügt, um Planung von Baubetrieb und Baulogistik in den einzelnen Bauphasen sowie für individuelle Bauelemente abzubilden und Produktivitätsplandaten zu erhalten.

Um Erfahrungen mit der modellbasierten Abrechnung zu sammeln und um eine transparente, vollständige Berechnung der bauabschnittsweisen Abrechnung zu gewährleisten, wurde neben der traditionellen Abrechnungsmethode nach Bauabschnitten die Abrechnung nach BIM als fünfte Dimension umgesetzt. 

Die BIM-basierte Vorgehensweise bietet nicht nur Vorteile für den Bauherrn: Kostenwahrheit, Kostentransparenz, Effizienz und Termintreue sollen das Vertrauen in die öffentliche Hand als Bauherrn steigern und den verantwortungsvolle Umgang mit Steuergeldern sichern.

In dem konkreten Projekt bietet das gewerke- und objektorientierte Modell auch Chancen für die ausführenden Unternehmen, wirtschaftliche Risiken einzugrenzen. So geht zum Beispiel bei Leistungspauschalierungen das Mengenrisiko für den Mehrverbrauch von Beton für Rüstungen und Schalungen zu Lasten der Auftragnehmer. Mit der modellbasierten Vorgehensweise lassen sich die konkreten Mengen auch nach Planänderungen schnell berechnen, optimieren und als Argumentationsgrundlage für die Abrechnung verwenden. Darüber hinaus führen Planänderungen in Großprojekten mit vielen beteiligten ausführenden Firmen leicht zu Abstimmungsfehlern und Zeitverlust. Das Modell verbessert durch Visualisierungen und Simulationen die Terminplanungen im Team beträchtlich und Störungen durch unvorhergesehene Änderungen des geplanten Bauablaufs können verringert werden. Darüber hinaus unterstützen Gesamtmodelle die Klärung von Verantwortlichkeiten und tragen dadurch zu besseren und rascheren Entscheidungen über die weitere Vorgehensweise bei.

Kontakt:

Firmengruppe Max Bögl
Postfach 11 20
92301 Neumarkt i. d. OPf.

Dr. Ing. Marcus Schreyer
mschreyer@max-boegl.de
+49 9181 – 90911229